03.09.2008
Modell Familienhebamme hat sich bewährt
Verwaltung empfiehlt Rat Fortsetzung für weitere vier Jahre / Franz-Bröcker-Stiftung signalisiert Förderung
Münster (SMS) Der Familienhebamme öffnen sich Türen, die all jenen verschlossen bleiben, die nur entfernt mit "Amt" und "Staat" in Verbindung gebracht werden können. Diese Erfahrung macht das Gesundheitsamt der Stadt Münster. Seit vier Jahren betreut dort eine sprachlich versierte Hebamme schwangere Frauen mit Migrationsvorgeschichte und ihre Kinder, die sonst vom Gesundheitswesen kaum erreicht würden. Auch in deutschen Familien mit mangelnden Kenntnissen über das Gesundheitssystem ist sie immer öfter gefragt. Die Stadtverwaltung schlägt dem Rat vor, das Modell "Familienhebamme am Gesundheitsamt" um weitere vier Jahre bis 2012 zu verlängern. Die Franz-Bröcker-Stiftung hat in Aussicht gestellt, dafür gegebenenfalls 112 000 Euro von den insgesamt benötigten 231 000 Euro beizusteuern.
Die Weichen für lebenslange Gesundheit werden in der Schwangerschaft und im ersten Lebensjahr des Kindes gestellt. Viele Schwangere benötigen allerdings bei der Gesundheitsversorgung und gesunden Lebensweise für sich und ihre Kinder Unterstützung. Sei es, dass deutsche Sprachkenntnisse fehlen und das Wissen über Gesundheits- und Hilfsangebote fehlen. Sei es, dass Mütter und Familien darüber hinaus wegen schwerwiegender Probleme wie Drogen und Gewalt ohnehin umfassende Hilfe brauchen.
Rund 90 Frauen mit ihren Kindern und Familien begleitet die Familienhebamme (genau gesagt handelt es sich inzwischen um mehrere Hebammen) jährlich. Je nach Bedarf kann sich die umfassende Betreuung bis zum ersten Geburtstag des Kindes erstrecken. Grundsatz: Die Mütter werden erst dann "entlassen", wenn sie ihre Kinder sicher und eigenverantwortlich versorgen können.
Vorsorgeuntersuchungen, Familienplanung, gesunde Ernährung, Pflege und Förderung von Kindern, Kontakte zu Krabbelgruppen und Beratungsstellen in der Umgebung - häufig stärkt die Familienhebamme des Gesundheitsamtes die gesamte Familie. In einigen Fällen konnte ihr Einsatz sogar die drohende Herausnahme von Kindern aus Familien verhindern. Dabei hat sich bewährt, dass auch der Kommunale Sozialdienst des Amtes für Kinder, Jugendliche und Familien die Familienhebamme immer häufiger in Anspruch nimmt. Auch deshalb rechnet die Stadtverwaltung für die Zukunft mit jährlich etwa 140 Betreuungsfällen für die Hebamme.
Ergänzend zur Familienhebamme sind ein weiterer Baustein in der Gesundheitsförderung für Kinder die Sprechstunden in Kitas für Mütter, Schwangere, Erzieherinnen und Kinder. Dieses mit finanzieller Unterstützung von Wyeth Pharma geschaffene Angebot existiert insbesondere in Wohnquartieren mit hohem Anteil von Einwohnern mit Migrationsvorgeschichte. Dabei kooperiert das Gesundheitsamt ebenfalls mit Hebammen. Denn diese genießen in allen Kulturen hohen Respekt als Fachfrauen für das Wohlergehen von Kindern und Müttern. Selbst patriarchalisch geprägte Gruppen, die Frauen und Müttern eigene soziale Kontakte verwehren, gestatten die Beratung und Betreuung durch eine Hebamme.
Über die Fortsetzung des Modells "Familienhebamme am Gesundheitsamt" wird der Rat voraussichtlich am 24. September entscheiden. Schon in der Vergangenheit hat die Franz-Bröcker-Stiftung maßgeblich zum Gelingen beigetragen. Sie stieg 2006 in die Förderung ein. Falls der Rat das Projekt weiterführt, kann sie sich ihrerseits ein weiteres Engagement vorstellen.