16.05.2008
Zahlt sich Integrationsarbeit aus?
Neue Methode misst Erfolg sozialer Maßnahmen / Fachtagung in Münster
Münster. (SMS) Kommunen unternehmen große Anstrengungen, um Zuwanderer zu integrieren und für den Arbeitsmarkt zu qualifizieren. Lässt sich der Erfolg solcher Maßnahmen messen, gar in Euro? Die Antwort lautet Ja, mit der Methode SROI (Social Return On Investment), so sind die vier Veranstalter einer Fachtagung in Münster überzeugt. Über 100 Interessenten aus Kommunen, Verbänden und Ministerien stellen sie am Freitag, 16. Mai, die Ergebnisse ihres 18-monatigen EUREGIO-Projektes vor.
Die Stadt Münster (NRW) führte die Tagung als Projektträger gemeinsam mit den Gemeinden Belm (Niedersachen) und Almelo (Niederlande) sowie dem niederländischen Bildungsträger ROC van Twente durch. Als Vertreter der Zuwanderer war der Vorsitzende des Ausländerbeirates der Stadt Münster, Spyros Marinos, in das Projekt eingebunden. Auch mit der Euregio wurde eng zusammengearbeitet. Projektleiter Jochen Köhnke, städtischer Dezernent für Migration und Interkulturelle Angelegenheiten, hatte Gäste und Projektpartner in Münsters Stadtweinhaus eingeladen.
Über mehrere Monate lang hatten die Beteiligten die neue Messmethode, begleitet durch den Amsterdamer SROI-Experten Peter Scholten, in verschiedenen Maßnahmen für Zuwanderer getestet. Beispielsweise im Handwerkskammer Bildungszentrum in Münster und in der Belmer Integrationswerkstatt, einer Einrichtung der Jugendhilfe. Schwerpunkt war dabei die Integration in den Arbeitsmarkt.
Das Fazit: Mit SROI lassen sich Aussagen über einen effektiven Kapitaleinsatz in sozialen Projekten treffen. Im Projekt wurden die investierten Fördermittel dem erzeugten Rückfluss gegenübergestellt und Mess-Indikatoren entwickelt. In einer umfangreichen Befragung wurden die langfristigen Ergebnisse und Erwartungen von Geldgebern und Teilnehmern ermittelt und ebenfalls in Geldwerten ausgedrückt. So ergaben sich beispielsweise für die öffentliche Hand größere Kosteneinsparungen bei ALGII-Empfängern, die durch eine Maßnahme in Ausbildung bzw. Arbeit vermittelt werden konnten. Betriebe konnten sich Kosten zur Gewinnung neuer Mitarbeiter sparen, weil sie leistungsstarke Praktikanten aus einer Maßnahme gleich übernehmen konnten. Im niederländischen Projekt wurden Teilnehmer für ehrenamtliche Arbeit gewonnen – auch eine Form der Wertschöpfung.
Dabei ging es jedoch nicht um eine unkritische Ökonomisierung sozialer Arbeit. Belm und Almelo untersuchten Kriterien für eine erfolgreiche Förderung von Langzeitarbeitslosen, die über die reinen Vermittlungszahlen hinausgehen. Dabei stellte sich heraus, dass erhebliche Risiken für eine Arbeitslosigkeit deutlich verringert werden konnten, zum Beispiel geringe Qualifizierung, schlechter Gesundheitszustand, Suchtprobleme oder hohe Schulden. Unabdingbare Voraussetzung für eine Vermittlung in Arbeit.
Wissenschaftlich begleitet hat das Projekt das Institut für Praxisentwicklung und Evaluation der Fachhochschule Münster. Es hält die SROI-Methodik ebenfalls für geeignet, Kosteneinsparungen und Wertschöpfungsprozesse in sozialen Einrichtungen zu ermitteln. Wer sie anwendet, müsse aber sein Handwerk solide beherrschen. Sind die Einflussgrößen zur Ermittlung eines SROI-Faktors doch zahlreich, unterschiedliche Modelle möglich. Eine Transparenz der gesamten Untersuchungskette sei ebenso erforderlich wie das Hinzuziehen anerkannter Studien, in denen soziale Effekte bereits gemessen und standardisiert worden sind. Außerdem plädieren die Professoren angesichts der Komplexität der Methodik für eine intensive Schulung von Mitarbeitern. Kenntnisse in der empirischen Sozialforschung seien dabei genauso notwendig wie Grundlagen evaluativer Arbeit.