Es geht wieder aufwärts. Für diese Zuversicht stehen die aus mehreren Hunderttausend Fotografien auswählten Motive aus Archiven und privaten Alben, vor allem aber aus der Sammlung des Presse-Fotografen Willi Hänscheid. "Sie spiegeln das Leben der Münsteraner wider zwischen dem mühevollen Wiederaufbau und dem beginnenden deutschen Wirtschaftswunder", so Museumsdirektorin Dr. Barbara Rommé. Mit dieser Ausstellung schließe das Stadtmuseum an die beiden Vorläuferausstellungen zur Stadtgeschichte der Jahre 1940-1950 und 1957-1968 an. Beide erwiesen sich mit insgesamt 120 000 Besuchern als wahre Publikumsmagneten.
Der Alltag der Menschen steht im Mittelpunkt der Präsentation. Viele Fotografien dokumentieren die unermüdliche Wiederaufbauleistung der Münsteraner. Sie zeugen von Mut und Tatkraft angesichts der unermesslichen Zerstörungen. Geschäfte kehren an ihre angestammten Plätze zurück. Schon Mitte der 1950er Jahre lädt die Salzstraße wieder zum Einkaufsbummel ein. "Während der Prinzipalmarkt nach historischem Vorbild wiederaufgebaut wird", erläutert Dr. Axel Schollmeier, "entstehen zugleich moderne Bauten, die weit über Münster hinaus für Gesprächsstoff sorgen". Der stellvertretende Museumsleiter erinnert an kühne Architekturleistungen wie Stadttheater, Kiffe-Pavillon und Landwirtschaftskammer.
Schattenseiten
Nicht ausgeblendet werden die Schattenseiten des Jahrzehnts. Noch immer sind viele Männer aus Münster in sowjetischer Kriegsgefangenschaft. Die Wohnungsnot in der Stadt bleibt – trotz intensiver Bauanstrengungen – groß. Viele Menschen, auch das zeigen die Fotografien, müssen weiterhin in Baracken und Notunterkünften leben. Betroffen vor allem: DDR-Flüchtlinge und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten, die in der westfälischen Stadt eine neue Heimat suchen.
Andere Fotos erzählen von der Freude der Menschen am zarten Pflänzchen "Wohlstand". Endlich gab es das zu kaufen, von dem man jahrelang geträumt hatte. Die Monotonie der Mangelernährung weicht einem vielfältigen Lebensmittelangebot. Das Prinzip der Selbstbedienung hält Einzug in die Geschäfte. Kühlschränke und Waschmaschinen nehmen in den Haushalten ihren selbstverständlichen Platz ein.
Münsteraner genießen die gesellschaftlichen Ereignisse. Sie amüsieren sich auf dem Handorfer Rosenball, lassen sich bei Schlagerabenden von Vico Torriani unterhalten und drücken Springreiter Hans Günter Winkler auf den Westerholtschen Wiesen die Daumen. "Auch Politiker geben sich in diesen Jahren in Münster die Klinke in die Hand", weist Stadtmuseumsmitarbeiterin Dr. Wibke Becker auf bislang unveröffentlichte Fotomotive mit den großen Namen der noch jungen Demokratie - Bundeskanzler Konrad Adenauer und Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard.
Automobilboom nimmt seinen Anfang
Auch wenn viele Menschen in den 1950-er Jahren noch keinen Führerschein besitzen - der Automobilboom nimmt seinen Anfang. Noch 1950 waren in Münster knapp 5000 Kraftfahrzeuge registriert. Bis 1958 verdreifachte sich diese Zahl. Nostalgische Autofans kommen bei den abgelichteten Modellen auf ihre Kosten. Und ins Schwärmen beim Betreten des Museums: Im Foyer glänzt ein echter Opel Olympia Rekord aus dem Jahre 1953. Michael Schirmeisen, Leiter der Dresdner Bank in Münster und Mitglied des Fördervereins, hat seinen Oldtimer für den Beginn der Ausstellung zur Verfügung gestellt.
Info: bis 22. April 2007 im Stadtmuseum Münster, Salzstraße 28; Eintritt frei; Bildband (16,80 Euro) mit Beiträgen von Wibke Becker, Bernd Haunfelder und Axel Schollmeier.
Fotos: Einkaufsbummel in der Salzstraße Mitte der 1950-er Jahre.
Klein, fein und erschwinglich: Aufgrund seines günstigen Anschaffungspreises fand das Goggomobil auch in Münster Interesse.
Motorisiert unterwegs: Mit dem Motorrad - hier ein NSU-Max mit einem Steib-Beiwagen - oder mit dem Auto, Marke Fiat 1400. Fotos: Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.