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18.03.2005

Chronik der Kriegsjahre in Münster

Stadtarchiv erschließt Texte und 8500 Fotos zur Alltagsgeschichte der Jahre 1939 bis 1944 / Datenbank für alle nutzbar

(SMS) Extrablätter sind im Handumdrehen vergriffen. Menschen decken sich eilig ein mit Gasmasken, Taschenlampen, Material für Verdunkelung. "In der Stadt herrscht grenzenloser Betrieb", notiert Münsters Stadtarchivar Eduard Schulte zum Kriegsausbruch am 1. September 1939. Nur zwei Tage später schreibt er: "Das war mein erster Fliegeralarm".

Von Monat zu Monat bis August 1944 wird diese Kriegschronik weitergeführt, die ab 1940 Archivar Franz Wiemers übernimmt. Allein dessen Tagebuchnotizen wachsen auf 50 Mappen an. Mit über 8500 Fotografien (!) sind sie heute - 60 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg - ein wichtiges Zeitdokument zum Kriegsalltag in Münster. Drei Jahre lang hat das Stadtarchiv den umfangreichen Bestand gesichtet, geordnet und erschlossen. Jetzt liegt die Chronik erstmals als digitalisierte Text-Bild-Datei vor.

"Für den Kriegsalltag in dieser Stadt ist sie die vielleicht aussagekräftigste Quelle", bewertet Anja Gussek-Revermann, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Stadtarchiv, die chronologisch angelegte Materialsammlung. Ab sofort steht sie an den PC-Arbeitsplätzen im Stadtarchiv in der Speicherstadt allen Nutzern zur Verfügung. Zur Recherche für Schule und Studium ebenso wie aus privatem Interesse an der jüngsten Stadt- und Zeitgeschichte.

Tagebuchnotizen nah am Geschehen

Hautnah und unmittelbar am Geschehen spiegelt sich in den Tagesnotizen der Kriegsverlauf. Er lässt sich darüber hinaus ablesen in anderen Dokumenten, die Franz Wiemers beifügte. In Schlagzeilen der lokalen Presse etwa. Oder in Feldpostbriefen, aus Karikaturen, Flugblättern und Postkarten.

Besonderen Wert besitzen die Fotografien. Anja Gussek-Revermann: "Sie dokumentieren eine reiche alltagsgeschichtliche Palette". Die Aufnahmen zeigen Auslagen in den Schaufenstern, Aktionen nationalsozialistischer Verbände, militärische Paraden. Andere Bilder zeigen Zwangsarbeiter, die Evakuierung von Kindern, ausgebombte Einwohner oder Frauen, die im Bunker Schutz vor Luftangriffen suchen.

Die Foto- und Textsammlung ist eng mit der Person des Stadtarchivars Wiemers verknüpft. Zahlreiche Aufnahmen entstehen auf Spaziergängen und Ausflügen mit der Familie. Auch die Kinder von Wiemers werden im Zweiten Weltkrieg von Münster nach Bayern evakuiert und erklären den hohen Anteil der 500 bis 600 Fotos zur Kinderlandverschickung. Immer wieder fängt Wiemers Impressionen aus dem Stadtbild ein und verknüpft diese mit historischen und zuweilen sogar nostalgischen Rückblicken.

Offiziell beauftragter Chronist

Aber so unmittelbar Text und Bild die Kriegsjahre in dieser Stadt auch spiegeln, bleibt doch auch der selektierende Blick eines offiziell beauftragten Chronisten. "Über unbequeme Tatsachen geht Wiemers hinweg. Auch er wollte dem Willen der nationalsozialistischen Stadtführung genügen", unterstreicht Anja Gussek-Revermann. Aktivitäten der NSDAP bewertet Wiemers durchweg positiv. Und er blendet aus. Die Deportationen jüdischer Münsteraner 1942 am 27. Januar, 31. März und 31. Juli kommt in der Chronik nicht vor. Stattdessen beschwört der Archivar angesichts der Bombenschäden den Wiederaufbauwillen der Bevölkerung.

Wenn die Chronik indes mit kritischer Distanz betrachtet wird, ist sie eine unerhört wichtige Quelle für die jüngste Stadtgeschichte, so die Einschätzung des Stadtarchivs. Die Kriegsjahre in Münster - Monat für Monat authentisch gespiegelt von 1939 bis 1944.

Fotos:

Als Schutz vor Bombenangriffen wurden überall in Münster Bunker errichtet.

Im September 1940 ist der Domplatz Schauplatz für die Wehrmachts-Ausstellung mit "feindlichen Beutewaffen und Geräten".

Anstehen für Lebensmittel. Dazu die Chronik: "März 1942: Vor Ostern sind die Schlangen vor dem Zuckerwarengeschäft besonders lang. Morgens 11 Uhr vor der `Süßen Quelle` auf der Rothenburg."

Kulturgüter werden in Sicherheit gebracht. Hier im Mai 1942 das wertvolle Inventar aus dem historischen Friedenssaal.

Ein Geschäft am Drubbel am 10. Juni 1943. Das Plakat im Schaufenster warnt: "Wer plündert wird erschossen".

Bombenschäden in der Schillerstraße im Juli 1943.

Viele Münsteraner verlassen aus Angst vor den Bombenangriffen jeden Abend die Stadt und suchen Unterschlupf auf dem Land. Die Chronik notiert im Juli 1943: "Fotos aus der Woche vom 4. bis 11. Juli 1943. So kommen jetzt des Abends an allen Dorfbahnhöfen die Münsteraner, jung und alt, in den Dörfern an."

Münster im März 1944 - der Blick in die Salzstraße.

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Dreierbunker

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Flugzeug

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Warteschlange

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Auslagerung Friedenssaal

Auslagerung Friedenssaal

Plünderung

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Schillerstraße

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Evakuierung

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Salzstraße

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Tel. 02 51/4 92-66 09