Als Entstehungsort des Wassermühlenpokals wurde zunächst Ulm vermutet. "Es stellte sich indessen heraus, dass es sich um einen Pokal des Goldschmieds Hans Stilkindt handelt, der von 1620 bis 1658 als Meister in Münster tätig war", berichtet Dr. Axel Schollmeier, stellvertretender Leiter des Stadtmuseums Münster.
"Dieser Pokal nimmt hinsichtlich Funktion und Form eine Sonderstellung in der Geschichte der deutschen Goldschmiedekunst ein", beschreibt Schollmeier das außergewöhnliche Ausstellungsstück. Bis heute sind nur fünf solcher Wassermühlenbecher bekannt geworden, von denen der Pokal aus Münster die höchste Qualität in der künstlerischen Gestaltung aufweist. Die hohe Wertschätzung, die dieser Pokal erfuhr, zeigt sich nicht zuletzt daran, dass das Victoria and Albert Museum in London eine Kopie aus dem späten 19. Jahrhundert besitzt.
Die ursprüngliche Funktion des Pokals blieb lange unbekannt. Man vermutete, dass er als Duftspender oder zur Reinigung der Hände gedient haben könnte. Schollmeier fand die Lösung: "Praktische Versuche zeigten, dass es sich bei dem Pokal um ein so genanntes Trinkspiel handelt. Allerdings wurde nicht aus dem Pokal selbst getrunken. Vielmehr wurde er erhöht aufgestellt, so dass durch die Rinne des Pokals der Wein in andere Gefäße fließen konnte."
Eine komplizierte mechanische Konstruktion bewirkt, dass der gefüllte Pokal sich scheinbar von selbst in die Rinne entleert. Die Teilnehmer eines Trinkgelages mussten schnell ihre Gefäße leeren, um sie bei erneutem Herausströmen des Getränks wieder unter die Rinne halten zu können.
Eine ähnliche Idee verbirgt sich hinter dem Windmühlenbecher des Gert Beveren aus Münster. Der Becher dieses um 1630 gearbeiteten Trinkpokals muss auf dem Kopf stehen, da der Fuß aus einer Windmühle besteht. Es galt, den Inhalt des Bechers zu leeren, solange sich die Mühlenflügel drehten.
Während des Sommerfestes des Stadtmuseums am Samstag, 28. August, stellt Axel Schollmeier um 17 Uhr in einer Kurzführung das wunderliche Trinkgerät vor.
Bildtext: Dieser Trinkpokal des münsterschen Goldschmiedemeisters Hans Stilkindt trug im 17. Jahrhundert bei Festen sehr zur Unterhaltung bei.
Foto: Stadt Münster. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei