Stadt Münster: Tiefbauamt - Pressemeldungen

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26.01.2000

Martiniviertel entstand im 13. Jahrhundert

Grabungen an der Lotharinger Straße gewähren sensationelle Einblicke in die Geschichte von Münster

(SMS) Ein Kugeltopf, wie man ihn vormals zum Wasser holen verwendete, ist der Beweis: Bereits um 1200 - deutlich eher als angenommen - siedelten Menschen im Martiniviertel. Das ist nur eines der Ergebnisse der Grabungen, welche die Denkmalbehörde des Stadtplanungsamtes an der Lotharinger Straße durchführen lässt. Auf dem Gelände des ehemaligen Bunkers haben Grabungsleiterin Dr. Ursula Warnke und ihr studentisches Team seit September letzten Jahres seltene Kostbarkeiten zutage gefördert.

Allein der Brunnen, aus dem der Kugeltopf geborgen wurde, legt reiches Zeugnis ab über die gesamte Spanne vom 13. Jahrhundert bis in die Zeit des Kasernenbaus 1826: Ein Tonpüppchen aus dem 13. Jahrhundert, eine Kanonenkugel aus dem Siebenjährigen Krieg, eine Madonna des späten 15. Jahrhunderts, Haarnadel, Forken, Bronzekreuz, Nierendolche, Kamm, Holzgriffe, Fass und Zapfhahn sowie Reste von Lebensmitteln und von Schuhen belegen die reiche Geschichte des Platzes, auf dem der Brunnen stand. Die Fundstücke sind bislang noch nirgendwo gezeigt oder auch nur fotografiert worden.

Auch von dem Erbmännerhof, zu dem der Brunnen gehörte, konnten die Historiker bislang nur vermuten, dass es ihn gab. Auf dem Stadtplan von Alerdinck aus dem Jahr 1636 ist er neben den Höfen der Familien Bischopinck und Travelmann zu sehen. Doch später nahm das zweite Lotharinger Kloster die gesamte Fläche ein, die genaue Lage aller drei Höfe konnte erst durch die Ausgrabungen bestätigt werden.

Brandneu ist außerdem der bisher letzte Fund des Grabungsteams: Erst jetzt wurde die Westwand eines Gebäudes freigelegt, das wohl noch zum ersten Kloster von etwa 1750 zu rechnen ist. "Wahrscheinlich haben wir die ehemalige Mädchenschule des Klosters gefunden", vermutet Dr. Ursula Warnke. "Genaue Angaben können wir allerdings erst machen, wenn wir den Fußboden freigelegt haben." Das soll in den nächsten Wochen geschehen.

Bis dahin liegt noch ein Batzen Arbeit vor den Experten. Das Stadtplanungsamt arbeitet bei den Forschungen eng mit dem Seminar für Ur- und Frühgeschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster zusammen. Für die angehenden Archäologen sind die Grabungen im Stadtzentrum seltene und daher umso wichtigere Gelegenheit, ihr Wissen in der Praxis anzuwenden. Sie arbeiten im Rahmen berufsqualifizierender Praktika.

Seit September läuft die zweite Phase der Ausgrabungen an der Lotharinger Straße. Möglich wurden sie nach dem Abriss des alten Luftschutzbunkers. Bereits zwischen März und Juni des vergangenen Jahres ließ die Denkmalbehörde in der Umgebung in die Tiefe forschen. Neben dem ersten Lotharinger Kloster deckten die Archäologen den Erbmännerhof der Familie von Travelmann aus dem 16. Jahrhundert auf. In der Klosterkapelle fand sich der Grundstein von 1668, darin eine Bronzedose mit einem sogenannten "agnus dei"-Medaillon, gesegnet von Papst Clemens IX.

 

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Birgit Jaskowiak
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