21.01.2014
"Als sein Vater das Internetkabel zog, rastete der Jugendliche völlig aus"
Gesundheitsamt schuf für Münster Runden Tisch zur Medien- und Onlinesucht
Münster (SMS) Münster stellt sich der Herausforderung der Medien- und Onlinesucht. "Wir können die Zeit nicht zurückdrehen. Deshalb müssen wir aber auch die Gefahren ernst nehmen, Hilfen bis hin zu Hausbesuchen anbieten und Medienkompetenz fördern", sagt Dr. Annette Siemer-Eikelmann vom Amt für Gesundheit, Veterinär- und Lebensmittelangelegenheiten der Stadt. Wie die Angebote zur Beratung, Behandlung und Prävention und die Hilfen für Angehörige dem wachsenden Bedarf anzupassen und zu koordinieren sind, war Thema eines Runden Tisches "Mediensucht", zu dem sie Fachleute und Angehörige bereits zum zweiten Mal eingeladen hatte.
Für junge Menschen ist die Unendlichkeit des virtuellen Universums in allen Dimensionen Alltag. Informationen sammeln, Abenteuer erleben, in Foren und Chatrooms kommunizieren und sich in Communities, Clans oder Gilden organisieren - elektronische Medien und das Internet sind nicht mehr wegzudenken. Sie sind eine große Hilfe, fester Bestandteil der Lebenswirklichkeit und der Jugendkultur geworden.
Doch immer mehr Menschen sind dank Smartphone auch unterwegs permanent online. Immer diese ständige Unruhe: E-Mails checken, nebenbei ein Blick aufs Mobiltelefon. Wer hat etwas auf Facebook gepostet? Wo finde ich den Link? Was stand bei Twitter? Wieder E-Mails checken, bei World of Warcraft einloggen … Nicht wenige junge Menschen verlieren dabei den Faden, dann die realen Kontakte und schließlich sich selbst.
Die Leiterin der Abteilung Psychische Gesundheit nennt ein Beispiel: "Als sein Vater das Internetkabel zog, rastete der Sechzehnjährige völlig aus. Lange hatten die Eltern die Problematik nicht erkannt. Im Gegenteil, sie hatten sich gefreut, dass ihr Sohn sich derart gut im Netz auskennt und anderen Schülern etwas voraus hat. Als er aber nicht mehr das Haus verließ, täglich mehr als zehn Stunden fanatisch mit Onlinespielen verbrachte und aggressiv auf Ansprache reagierte, begriffen sie", berichtet Dr. Annette Siemer-Eikelmann.
Doch die Suche der Eltern nach fachlicher Unterstützung gestaltete sich hindernisreich und langwierig. Da macht Münster keine Ausnahme. Deshalb erarbeitet der Runde Tisch eine Bestandsaufnahme und analysiert den Bedarf. Welche präventiven, ambulanten und stationären Angebote gibt es, was fehlt? Wie können die Anbieter gemeinsam dafür sorgen, dass Hilfesuchende ohne Um- und Irrwege zu ihnen finden?
Die Problematik Medien- und Onlinesucht wird sich nicht von selbst erledigen. 42 Prozent der Jugendlichen (vorwiegend männliche User) zählen sich zu den regelmäßigen Spielern, gewalthaltige Spiele sind verbreitet. Schwere gesundheitliche Folgen entstehen durch ein exzessives, nicht mehr kontrollierbares Verhalten. In der Altersgruppe der 14- bis 24-Jährigen gelten 2,4 Prozent als internetabhängig und 13,6 Prozent als problematische Internetnutzer.
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Dr. Annette Siemer-Eikelmann (vorne, links) lud zum Runden Tisch Mediensucht ins städtische Gesundheitsamt ein. - Foto: Presseamt Münster. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.