Auf dem Prüfstand des Instituts für Abfall- und Abwasserwirtschaft (Ahlen) und des Öko-Instituts (Darmstadt) stand ein dreistufiger Modellversuch. In der ersten Stufe sortiert eine vollautomatische Anlage Wertstoffe wie Papier, Kunststoffe und Metalle aus dem Restmüll. Die verbleibenden Abfälle kommen in eine Vergärungsanlage. In dieser zweiten Stufe werden Sand, Steine und andere mineralischen Stoffe abgetrennt. Die organischen Bestandteile werden abgebaut, wobei energiereiches Biogas entsteht.
Was von der Vergärung übrigbleibt, kommt in die sogenannte Naßoxidation als dritter Stufe des Pilotverfahrens. Hier werden die restlichen organischen Stoffe in einem Reaktor vollends soweit in tonartiges Material umgewandelt, daß sie nach dem herkömmlichen Verständnis der vielzitierten "Technischen Anleitung Siedlungsabfall" (TASI) auf der Deponie abgelagert werden können.
"Die unabhängigen Gutachter haben uns bescheinigt, daß die Verfahrenstechnik funktioniert", faßte Werkleiter Patrick Hasenkamp von den Abfallwirtschaftsbetrieben Münster (AWM) zusammen. In der ersten Stufe werde dem Restmüll ein Anteil von 30 Prozent Wertstoffen entzogen. Sie könnten als Sekundärrohstoffe in den Stoffkreislauf zurückfließen. In der Vergärungsstufe werde ein weiterer Anteil von 25 Prozent Mineralstoffen abgetrennt. Diese könnten zu Sekundärbaustoffen aufgearbeitet oder problemlos deponiert werden. Außerdem fielen bei der Vergärung pro Tonne organischer Reststoffe bis zu 450 Kubikmeter nutzbares Biogas an - 20 Prozent mehr als ursprünglich erwartet.
Günstige Ökobilanz
Daneben wurde untersucht, wie das münstersche Pilotverfahren ökologisch abschneidet. Müllverbrennung, Thermoselect, Sortierung und anschließende Verbrennung der Reste im Zementwerk (BRAM) bildeten die Vergleichsverfahren. In die Ökobilanz flossen die Aspekte Treibhauseffekt, Ozonabbau sowie Ausstoß von krebserregenden Stoffen und Schwermetallen ein. Vor allem die Rückgewinnung von Kunststoffen und die Möglichkeit zur Energiegewinnung aus dem Biogas brachten dicke Pluspunkte für das münstersche Verfahren. Die Naßoxidation konnte die erwarteten ökologischen Vorteile nicht voll erfüllen.
Im Vergleich zum BRAM- und anderen thermischen Verfahren schnitt ein Mechanisch-biologisches Verfahren nach dem Modell Münster bei der ökologischen Bewertung am günstigsten ab. Nach Angaben von Patrick Hasenkamp handelt es sich hierbei um ein zweistufiges Verfahren. "Es besteht aus den Stufen Sortieren und Vergären. Die Gärreste kommen dabei nicht in die Naßoxidation, sondern auf eine Nachrotte und werden anschließend deponiert."
Die AWM nehmen diese Ökobilanz erfreut zur Kenntnis. "Bei einer großtechnischen Umsetzung entfallen damit nämlich die Investitionskosten für die Naßoxidation als teuerstem Bestandteil des Verfahrens", so Werkleiter Hasenkamp. Und in rein wirtschaftlicher Hinsicht, so ein weiteres Ergebnis der Gutachter, wäre ein dreistufiges Verfahren einschließlich Naßoxidation mit der Müllverbrennung oder dem BRAM-Verfahren nicht konkurrenzfähig. Grund: Die Abfallmengen sind mittlerweile so stark gesunken, daß der "Input" für den wirtschaftlichen Betrieb einer großen Naßoxidations-Anlage fehlt.
Umweltdezernent Pott: "Der nächste Schritt wäre eine europaweite Ausschreibung zum Bau einer zweistufigen Anlage einschließlich Nachrotte. Sie müßte auf etwa 60 000 Tonnen Restmüll pro Jahr ausgelegt sein." Vorsichtig geschätzt, dürfte eine solche Anlage etwa 50 bis 60 Millionen Mark kosten. Die Verwaltung werde dem Rat noch in diesem Jahr einen Beschlußvorschlag für die Ausschreibung vorlegen. Dann sei sichergestellt, daß das alternative "Verfahren Münster" Ende 2002 in Betrieb gehen könne.
Land stellt Förderung in Aussicht
Nach Auffassung des Landes gewährleistet die neue münstersche Technik die langfristig sichere und nachsorgearme Deponierung des vorbehandelten "Müllrestes". Unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umweltauswirkungen erbringe es den "Gleichwertigkeitsnachweis" zur in der TASI als Regelfall unterstellten thermischen Behandlung - womit die Genehmigung sichergestellt ist. Noch mehr: Das Umweltministerium sicherte zu, die Konzeption für eine Großanlage "zügig und aufgeschlossen" zu begleiten. Soweit es der Landesetat zulasse, werde das Vorhaben aus Mitteln zur Förderung alternativer Technologien bezuschußt.