Münster (SMS) Wer in Münster Arbeitslosengeld II erhält und jünger als 25 Jahre ist, hat zu 85 Prozent keine Ausbildung. Diese Jugendlichen unterstützt das Jobcenter gemeinsam mit der Arbeitsagentur und der Stadt bei der Lehrstellensuche. Drei Beispiele zeigen, wie das gehen kann:
Sebastian hat Mittlere Reife und damit gute Chancen auf eine Lehrstelle als IT-Systemelektroniker. Wäre da nicht die Vier in Mathematik auf dem Abschlusszeugnis. Dass er dennoch am 1. August eine Ausbildung in seinem Wunschberuf antritt, hat er auch der passgenauen Unterstützung durch Arbeitsagentur und Jobcenter zu verdanken - von der Ausbildungsberatung über die Lehrstellensuche bis zur Erstattung von Bewerbungskosten. Die Förderung geht übrigens weiter: Sebastian bekommt beim Bildungsträger "Lernen fördern" ausbildungsbegleitende Hilfen - eine Art Nachhilfe, damit er trotz der Vier in Mathe die Ausbildung schafft. "Das war für den Ausbildungsbetrieb ein wichtiges Argument, Sebastian die Chance zu geben", berichtet Renate Waltke, Teamleiterin im Jobcenter.
So weit ist Thomas noch nicht. Er verließ vor vier Jahren die Schule mit Hauptschulabschluss Klasse 9, bewarb sich ohne Erfolg um eine Lehrstelle und scheiterte beim Versuch, am Berufskolleg den Klasse 10-Abschluss nachzuholen. Auch einen berufsvorbereitenden Lehrgang der Agentur für Arbeit hielt er nicht bis zum Ende durch. Beruflich voran geht es für Thomas, seit er den Kurs "Arbeiten und Lernen" besucht, den das Jobcenter zusammen mit der Stadt beim Bildungsträger JAZ durchführt. Das Besondere: Der Kurs verzahnt schulisches Lernen in kleinen Gruppen mit Arbeiten im sozialen Bereich und einem Praktikum. Wenn Thomas so weitermacht, bekommt er seinen Hauptschulabschluss 10A und wechselt in eine außerbetriebliche Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann, die das Jobcenter beim Bildungsträger TÜV Nord anbietet.
Melina kam erst mit 13 Jahren nach Deutschland. Sprachkenntnisse fehlten ihr, nicht aber der Ehrgeiz, sich in der neuen Heimat zu integrieren. Den verpassten Hauptschulabschluss Klasse 10 holte sie im Berufskolleg nach. Für die Lehrstelle im Wunschberuf Friseurin qualifizierte sie sich im einjährigen Kurs für junge Migranten, den das Jobcenter beim Bildungsträger Bims anbietet. Dort festigte sie ihr Schulwissen, verbesserte ihr Deutsch und empfahl sich bei einem Friseur als Praktikantin für eine Lehre. Am 1. August beginnt sie die Lehre. Mit ausbildungsbegleitenden Hilfen will das Jobcenter auch bei ihr den Ausbildungserfolg sichern.
"Manche Jugendliche sind nach der Schule noch nicht ausreichend vorbereitet für eine Ausbildung", begründet Jobcenter-Leiter Ralf Bierstedt das Übergangssystem von der Schule in den Beruf. In Hauptschulklassen am Berufskolleg, berufsvorbereitenden Lehrgängen der Arbeitsagentur oder Maßnahmen des Jobcenters und der Jugendberufshilfe macht es Jugendliche fit für einen Berufseinstieg. Ohne diese Unterstützung hätten sie kaum Chancen auf einen Ausbildungsplatz. "Und eine Ausbildung ist immer noch der Türöffner ins Berufsleben", so Bierstedt.
Jobcenter Münster
Rund 19 000 Menschen in Münster sind angewiesen auf finanzielle Unterstützung, um den Lebensunterhalt und die Wohnung zu sichern. Das Jobcenter (vormals Arbeitsgemeinschaft Münster) hat die Aufgabe, diesen Menschen Zugang zu den verbrieften Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II - besser bekannt als Hartz IV - zu ermöglichen. 2010 gewährte das Jobcenter, in dem die Stadt Münster und die Agentur für Arbeit Münster zusammenarbeiten, Leistungen in Höhe von fast 100 Mio. Euro.
Zweite Aufgabe des Jobcenters ist es, die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Eingliederung in den Arbeitsmarkt durch Weiterbildung, Trainingsmaßnahmen, Arbeitsgelegenheiten, berufsvorbereitende Maßnahmen, Eingliederungszuschüsse und viele weitere Maßnahmen zu unterstützen. Rund 7000 Menschen profitierten 2010 davon: von arbeitslosen Jugendlichen, Zuwanderern und älteren Arbeitnehmern bis zu allein erziehenden Frauen, Erwerbslosen ohne Ausbildung und Menschen mit Behinderungen. Fast ein Drittel der Geförderten wurde in den Arbeitsmarkt eingegliedert.
Hauptsitz des Jobcenters Münster ist das Stadthaus 2 am Ludgeriplatz, Nebenstellen gibt es in Kinderhaus und Hiltrup. Die Einrichtung hat zurzeit rund 220 Beschäftigte.