Toleranz erfordert Standfestigkeit

19.10.2007

Bischof Franz Kamphaus über die Lehren aus dem Westfälischen Frieden

Münster (SMS) Die Trennung von Kirche und Staat, die Menschenrechte, Toleranz und Gewaltverzicht: Alles selbstverständlich für das Christentum? Keineswegs, erklärte der emeritierte Limburger Bischof Franz Kamphaus am Freitag, 19. Oktober, im Festsaal des Rathauses in Münster. Die Christen hätten sich ändern und sich neu auf ihren Ursprung besinnen müssen, um friedensfähig zu werden. Und der Weg zum Frieden stehe nach wie vor als Aufgabe vor ihnen. Das Ende des Dreißigjährigen Krieges sei auf diesem Weg ein wichtiger Schritt gewesen.

Kamphaus sprach zu Beginn einer Veranstaltungsreihe, mit der die Friedensstadt jedes Jahr an die Unterzeichnung der Verträge am 24. Oktober 1648 erinnert. Diesmal steht die Reihe unter dem Leitthema "Freiheit der Religion". Kamphaus plädiert entschieden für eine Trennung von Religion und Staat. Das schütze den Staat vor "pseudoreligiöser Selbstüberschätzung" und die Religion davor, den Staat zu ihren Gunsten zu missbrauchen.

Toleranz definierte Franz Kamphaus als die Tugend, "etwas zu ertragen, was nur schwer erträglich ist", sie fange dort an, "wo es schmerzt". Solche Toleranz sei eine urchristliche Tugend. Dafür seien weder Ablehnung noch uneingeschränkte Bejahung und erst recht nicht Gleichgültigkeit erforderlich, sondern Standfestigkeit.

Kamphaus führte aus, dass die Friedensverträge von Münster und Osnabrück die Grundlage für die rechtliche Gleichstellung der Konfessionen und für die spätere Umsetzung der Menschenrechte wie der Religions- und Gewissensfreiheit gelegt habe. "Die katholische Kirche hat lange gebraucht, bis sie auf diese Ideen der Aufklärung eingehen konnte, obwohl das Menschenrechtsdenken von der jüdisch-christlichen Tradition inspiriert ist", räumte der Bischof ein. Die streitenden Konfessionen hätten auch nicht aus sich heraus die Kraft gefunden, der Gewalt abzuschwören, sondern seien von den Staaten dazu verpflichtet worden. Dagegen stehe Jesus für den Gewaltverzicht "aus einem schöpferischen Entschluss" heraus. Glaubenskriege pervertierten das Christentum. Die Religion sei zudem gefordert, Terroristen den Nimbus des Märtyrers zu nehmen und sie als das bloßzustellen, was sie seien: "Mörder".

Auch an den Islam richtete Kamphaus kritische Fragen: "Ist das Konzept eines islamischen Staates für den Islam als Religion verzichtbar? Sind die Menschenrechte in das islamische Rechtsverständnis integrierbar?" Die Anerkennung der Menschenrechte gehöre zu den Grundbedingungen religiöser und staatlicher Existenz in der Moderne. In dieser Hinsicht dürften keine Abstriche gemacht werden. Wenn religiöse Fundamentalisten gegen den "westlich-christlichen Menschenrechtsfundamentalismus" protestierten, sei das eine Verwirrung der Begriffe.

"Noch schlimmer ist es, wenn Menschenrechte verletzt werden, um vorgeblich Menschenrechte durchzusetzen", erklärte Kamphaus und verwies ausdrücklich auf Guantanamo. Keine Macht der Welt könne Friedensunwillige zum Frieden zwingen. "Vom Kosovo bis zum Nahen Osten, von Afghanistan über den Irak, den Sudan bis zum Kongo bietet sich das Bild einer mehr oder minder brüchigen Waffenruhe." Insbesondere die Religion müsse dazu beitragen, dass die Menschen einen inneren Frieden finden, dass "Friedfertigkeit das Denken, Fühlen und Wollen der Menschen bestimmt". Friedensarbeit als Spiritualität eben, und nicht nur dafür werde der Westfälische Frieden von Münster ein stetes Vorbild bleiben.

Alle Pressemitteilungen der Stadt Münster

Kontakt für Bürgerinnen und Bürger

Stadt Münster
48127 Münster
02 51/4 92-0
Behördennummer:  115

stadtverwaltung@stadt-muenster.de

Kontakt für Presseanfragen

Amt für Kommunikation