Erzählnachmittag: Kinderlandverschickung

10.10.2005

Stadtarchiv lädt am Donnerstag zum Gespräch ein / Unterschiedliche Erfahrungen zusammentragen

(SMS) "Am 19. Juli ging der Transport, mit dem Ihr Sohn landverschickt wurde, von Münster ab. 24 Stunden später erreichten die Kinder das KLV-Lager Schloß Hohenrain." 89 Jungen aus 9 verschiedenen Volksschulen in Münster erreichten im Juli 1943 das Lager im Landkreis Rosenheim, wo sie die nächsten Monate und Jahre verbringen würden - fern von der Heimat, den Freunden, den Eltern. KLV, die Kinderlandverschickung haben viele Kinder aus Münster erlebt. Das Stadtarchiv veranstaltet am Donnerstag, 13. Oktober, 16 Uhr, einen Erzählnachmittag zum Thema KLV.

Kinderlandverschickung nannte sich das Programm der Nationalsozialisten, mit dem Mädchen und Jungen aller Schulformen zwischen 10 und 14 Jahren mit ihren Schulklassen zumeist nach Oberbayern verschickt wurden. Aufs Land "verschickt" wurden Kinder der durch Bombenabwürfe besonders gefährdeten Gebiete, zu denen auch Münster zählte. Hunderte von Kindern verbrachten die letzten Kriegsjahre in Lagern, ohne ihre Familien.

In ihren Unterkünften erhielten sie vormittags Unterricht, nachmittags fertigten sie unter Aufsicht der Lehrer Schulaufgaben an oder schrieben Briefe nach Hause. Spiel und Sport gehörten ebenso zum nachmittäglichen Programm wie Appelle, nationalpolitischer Unterricht oder eine Stunde "Zeitgeschehen". Rektor Heinz Beckmann von der Gutenbergschule (damals: Gutenbergstraße 22) beschrieb die ersten Monate des Aufenthalts im Lager bei Schloss Hohenrain in einem Brief an die Eltern. Darin hob er auch hervor, dass zwar gegen kurze Elternbesuche nichts einzuwenden sei, allerdings kaum Möglichkeiten für eine Unterbringung bestehen würden. Außerdem: "Ein vorzeitiges Zurückholen der Kinder ist grundsätzlich verboten."

Die Jahre in der Kinderlandverschickung haben die einzelnen unterschiedlich erlebt, unvergessen sind sie für alle. Beim Erzählnachmittag im Stadtarchiv können die Beteiligten davon berichten. Zwei ehemalige Schülerinnen einer Volksschule und einer Mittelschule sowie ein Schüler eines Gymnasiums werden zunächst mit einigen Erinnerungen Denkanstöße geben, die dann von den Besuchern aufgegriffen und weitergeführt werden können.

Bildtext: Kinderlandverschickung: Schülerinnen der Fürstenbergschule mit ihrer Lagerleiterin Irene Lawniczak im August 1943.

Foto: Stadtarchiv. Veröffentlichung honorarfrei.

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