Archäologisches Puzzlespiel ergibt neue Erkenntnisse
Im Rahmen des Domburg-Projektes ist nachgewiesen worden, dass die Klosterbauten Liudgers zeitlich vor der Siedlung auf dem Domburgareal entstanden sind. Liudger errichtete sein Kloster zwar in der Nähe der sächsischen Siedlung Mimigernaford, jedoch auf unbebautem Gebiet. Wo sich das legendäre Mimigernaford - die Furt der Leute des Mimigern - genau befand, werden nur weitere Grabungen erklären können.
Dr. Alexandra Pesch, wissenschaftliche Referentin beim Westfälischen Museum für Archäologie hat die vor allem von Wilhelm Winkelmann zwischen 1936 und 1981 durchgeführten Ausgrabungen am Horsteberg ausgewertet und ihre Erkenntnisse in dem Buch "Das Domkloster. Archäologie und historische Forschung zu Liudgers honestum monasterium in pago Sudergoe" zusammengefasst.
Die Publikation ist der vierte Band der Reihe "Der Dom zu Münster". In der gleichen Reihe erschienen bereits drei Bände vom Westfälischen Museum für Archäologie/Amt für Bodendenkmalpflege herausgegebene Bände rund um den Dom. Das Gotteshaus gehört so zu den am besten erforschten Kathedralen in Deutschland.
Umfangreiche Detektivarbeit
Mit viel detektivischem Spürsinn hat Dr. Alexandra Pesch ein kompliziertes archäologisches Puzzle zusammengesetzt. Zehn große Grabungen und diverse Baustellenbeobachtungen ließen zunächst kaum einen Überblick zu. Die komplette Auswertung der Gesamtpläne einschließlich der Detailzeichnungen und der Grabungsfotos ermöglichte dann aber den Blick aufs große Ganze und so die neuen Erkenntnisse.
Die Ergebnisse des so genannten Domburg-Projekts bilden schließlich auch die wissenschaftliche Grundlage für die aktuell im Stadtmuseum Münster präsentierte Ausstellung "805: Liudger wird Bischof. Spuren eines Heiligen zwischen York, Rom und Münster". Bereits seit 1999 läuft das groß angelegte Forschungsprojekt, das von der Direktorin des Westfälischen Museums für Archäologie, Dr. Gabriele Isenberg, verantwortet wird.
Der Band "Das Domkloster" ist der erste von drei Bänden, in denen die Ergebnisse der 2004 abgeschlossenen Arbeiten vorgelegt werden. Finanziert wurde das Gesamtprojekt vom Land NRW, dem Bistum Münster, dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe und der Stadt Münster.
Klosterbau überraschte Archäologen
Nicht nur die Erkenntnis, dass sich die sächsische Siedlung Mimigernaford nicht, wie lange vermutet, auf dem Horsteberg befand, auch die Klosterbauten selbst entsprachen nicht den Erwartungen der Archäologen. Idealerweise wurden Klöster im späten 8. und frühen 9. Jahrhundert nach dem so genannten benediktinischen Schema – vier Gebäudeflügel, die um einen zentralen Kreuzgang samt Innenhof gruppiert sind – errichtet. Während die frühere Forschung glaubte, einen solchen Bau nachweisen zu können, liefert die Autorin zahlreiche Nachweise, dass dies nicht der Fall ist.
Allerdings ergab die Überprüfung der Grabungen, dass die ersten (Kloster-) Gebäude auf dem Horsteberg erhebliche Ausmaße besaßen. Das konkrete Aussehen des Klosters lässt sich jedoch nach dem heutigen Kenntnisstand nicht rekonstruieren.
Alexandra Pesch: Der Dom zu Münster, Bd. 4. Das Domkloster. Archäologie und historische Forschung zu Liudgers honestum monasterium in pago Sudergoe. Mainz 2005. 143 Seiten mit 26 Abbildungen, 105 Tafeln, 1 Beilage. 22 Euro
Bildtext: Grabung 1962 (Wilhelm Winkelmann). Im Hintergrund die Nordwand des Kreuzgangs, links die Eingangstür neben der Marienkapelle.
Bildtext: Gesamtansicht der Grabung 1975 (Wilhelm Winkelmann). Im Vordergrund die teilweise über drei Meter hohen Grundmauern des noch bis zum Zweiten Weltkrieg stehenden "Refektoriums".
Fotos: LWL/Westf. Museum für Archäologie. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.