"Lustwandeln unter Laubgewölbe"

15.09.2004

"Promenadenskandale" mit Tradition / Thomas Mann als Schutzpatron von Münsters historischer Lindenallee

Münster (SMS) Wenn es um ihre Promenade geht, kennen die Münsteraner keinen Spaß. Da ketten sich selbst hoch gesittete Bürger an Silberlinden fest, wenn der Verdacht auftaucht, die Sanierung und Verjüngung der Allee sei nur ein Vorwand, um eigentlich gesunde Bäume zu fällen - so geschehen bei der Sanierung der Promenade in den Jahren 1987 bis 1991.

Gut möglich, dass das weit und breit einmalige Grünsystem auf der historischen Wallanlage die Zeit seit dem 18. Jahrhundert tatsächlich nur deshalb so wunderbar überstanden hat, weil die Bürgerinnen und Bürger ihr Grün behüten wie den eigenen Augapfel. Wer es wagen wollte, sich daran zu vergehen, dem würde selbst Sehen und Hören vergehen. Das zeigt nicht nur der "Promenadenkrieg" vor eineinhalb Jahrzehnten, sondern auch schon ein "Promenadenskandal" des Jahres 1923.

Diesen "Skandal" entdeckte Oberbürgermeister Dr. Berthold Tillmann kürzlich bei seiner Ferienlektüre in der Großen kommentierten Ausgabe von Thomas Manns Werken (Band 15.1, S. 663). 1923 tauchte im Münsterischen Anzeiger das Gerücht auf, der Magistrat wolle gesunde Promenadenbäume fällen, um aus dem Holzverkauf die Stadtkasse aufzubessern. Was tun? Das Blatt bemühte sich um Schützenhilfe und holte "Urteile über den Promenadenschutz" von Autoritäten wie Mann und Generalmusikdirektor Hans Pfitzner ein.

Thomas Mann zierte sich nicht. Wie krank oder gesund die fraglichen Bäume tatsächlich waren, ließ er in seiner literarisch-ironischen Ferndiagnose zwar außer Acht. Dafür lieferte der Buddenbrooks-Autor ein Urteil, mit dem er es sich mit garantiert niemandem verderben konnte. Er schreibt:

"So oft ich Münster besuchte, was freilich nur im Winter geschah, habe ich diese Baumgänge bewundert und mir ausgemalt, wie prächtig ein sommerliches Lustwandeln unter ihrem Laubgewölbe sein muss ... Der Wunsch, kommenden Geschlechtern einen gesunden Baumbestand zu übermachen, ist gut und edel, aber auch das gegenwärtig Lebende hat sein Recht, und ich meine, durch einen Regenerationsplan, der sich im Tempo nicht übernimmt, müssten diese beiden Interesse zu vereinigen sein ... Man möge sich beim Aufräumen unter den noblen alten Burschen an das halten, was wirklich 'fällig' ist, das aber, was noch in Saft und Kraft steht, zur Freude Münsters und seiner Gäste fortgrünen lassen, so lange es mag."

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