"Wir möchten diese vielschichtige Persönlichkeit aus der Ecke der Originale und seltsamen Gestalten holen", betont Mueseumsleiterin Dr. Barbara Rommé. Schließlich widmete sich der 1835 in Münster geborene Wissenschaftler zunächst dem Studium der Theologie, forcierte dann seine naturkundlichen Forschungen und promovierte 1863 in Zoologie. Sein Priesterstatus wurde dem ebenso bibel- wie trinkfesten Geistlichen 1876 aberkannt.
Der Wissenschaftler
"Genauso wie Zylinder, Pfeife und Gehstock gehörte das Mikroskop zu Landois", so Museumsmitarbeiterin Ingrid Fisch M.A.. Als Lehrer am münsterschen Gymnasium Paulinum war er einer der ersten Pädagogen in Europa, der zu Unterrichtszwecken regelmäßig biologische Präparate anfertigte und geologische Funde sammelte. Großes wie der Riesenammonit aus Seppenrade, Knochiges wie Gorilla- und Menschenskelett, Faszinierendes wie ein australischer Ameisenigel, Kurioses wie der "Affe Lehmann", aber auch Schauriges wie eine Kinderhand belegen seinen anschaulichen Naturkundeunterricht. Zudem dokumentieren die wichtigsten der etwa 1150 kleineren und größeren Publikationen seine Laufbahn. Diese und weitere Objekte befinden sich als elementarer Teil seines wissenschaftlichen Nachlasses im Westfälischen Museum für Naturkunde in Münster.
Der Zoo
Aus Landois‘ Interesse am Tierschutz entwickelte sich nach und nach ein Tierpark. "Die Eröffnung des Zoologischen Gartens am 26. Juni 1875 stellte eine beachtliche Leistung dar, war doch der erste deutsche Tiergarten erst 1844 in Berlin gegründet worden und befand sich damals noch in den Kinderschuhen", urteilt Fisch. Auf einem Plan vom alten Zoo erstehen im Stadtmuseum die Gehege in Form von historischen Postkarten wieder vor den Augen der Betrachter.
Die Finanzierung seiner Visionen gestaltete Landois kreativ. Nie verlegen um gute Ideen, bewarb der schelmische Professor seine Projekte mit uneingeschränktem Ideenreichtum. So konnten Aktien zu "10 Thalern" erworben werden, von denen das Stadtmuseum mehrere besitzt, man konnte Festessen besuchen oder Völkerschauen betrachten. Wesentliche Erkenntnisse zur Tierkunde wurden in der "Zoologischen Sektion" gewonnen, die unter anderem im Westfälischen Naturwissen-schaftlichen Verein weiterlebt.
Das Original
Auch humoristische Werke gehören untrennbar zur Person des Professors. Sein plattdeutsches Hauptwerk sind die fünf Prosabände "Frans Essink", in denen ein münsterscher "Paohlbüörger" (Pfahlbürger) charakterisiert wird, der nie über die Grenzen seiner Stadt hinausgeblickt hat.
Zudem geht die Abendgesellschaft Zoologischer Garten, kurz AZG genannt, auf eine Initiative von Landois aus dem Jahr 1875 zurück. Deren Abendveranstaltungen in der Fastnachtszeit trugen zur finanziellen Unterstützung des Zoos bei. Mit Augenzwinkern ging Landois in Bezug auf den Vogelschutz soweit, dass er einen "Anti-Katzen-Verein" gründete, der internationale Empörung hervorrief. Relikt dieses skurrilen Ansinnens ist die "Katzen(hasser)fahne", die Schützenfahne der AZG.
Einen Einblick in sein Privatleben gewähren im Stadtmuseum Fotos und Handgeschriebenes sowie ein Bettgestell, das der Professor in seiner "Tuckesburg" stehen hatte. Zu dieser persönlichen Seite gehört auch der Musiker Landois: Er spielte seit jungen Jahren Geige und gründete mit drei Freunden ein Liebhaber-Quartett. Notenblätter und die Violine Landois‘, die sich noch in Familienbesitz befindet und in der Ausstellung erstmals öffentlich gezeigt wird, veranschaulichen diese Begabung.
Unvergessen
Das umfassende Talent von Hermann Landois verblüfft und hat noch weitere Überraschungen zu bieten. Der Professor ist auch hundert Jahre nach seinem Tod unvergessen. Der Allwetterzoo und das Naturkundemuseum sind ebenso lebendige Zeugen seines Wirkens wie die AZG und die Vielzahl seiner Publikationen. Sein Werk ist untrennbar mit Witz und Wissenschaft verbunden. Die Ausstellung im Stadtmuseum ist die bislang umfassendste öffentliche Präsentation mit Exponaten von und über Landois (bis 27. Februar 2005). Dazu ist ein reich bebildertes Begleitbuch zum Preis von 5 Euro im Museumsshop erhältlich.
Bildtexte:
Hermann Landois war Begründer des Zoos in Münster.
Anschaulicher Naturkundeunterricht: Der Pädagoge Hermann Landois.
Auch die AZG - Abendgesellschaft Zoologischer Garten - geht auf eine Initiative von Landois zurück. - Fotos: Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.