Kriegschronik Münster im Ersten Weltkrieg

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1918 - Versorgung

Mangel

Chronikeintrag vom 4. Januar 1918

'In den Stallungen einer Wirtschaft an der Hammerstraße wurde eine Geheimschlächterei entdeckt. Ein ganzer Wagen voll Fleisch und die Häute von neun Stück Rindvieh wurden beschlagnahmt.'


Chronikeintrag vom 19. Januar 1918

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vergrößernWarteschlange vor einer Butterausgabestelle, 1918

Die Nervosität, stellenweise Hysterie der Patienten ist so stark, daß nur der ewig gleichen Ruhe und Sachlichkeit des Vorstehers unseres Milchbüros, des Stadtsekretärs Johann Moritz, der Weiterbetrieb dieses schwierigsten Kriegswirtschaftsbüros zu verdanken ist. Selbst zu Drohungen mit Gewalttätigkeiten [...] wachsen die Enttäuschungen der Zahlreichen aus [...]. Auch im Milchbüro steckt die ganze Tragik des Hungerkrieges. [...]

Wegen vielfacher Klagen, die Bäcker und Milchhändler hätten anormal schwere Schweine, wurde bei ihnen kontrolliert. Dabei ergab sich, daß viele Tiere tatsächlich nur durch Verfüttern von Mehl und Milch so schwer geworden sein konnten. Die von anderen Haushalten mit größtem Opfermut in Ställen, Kellern, Waschküchen, Veranden oder Balkonen herangezogenen Schweine sind dagegen meistens so unterernährt wie die Amatörzüchter selbst.'


Chronikeintrag vom 31. Januar 1918

'In den 31 Tagen des Monats Januar sind aus dem ganzen rund 27.000 Morgen großen Stadtgebiete mit 1.829 Hühnerhaltern insgesamt 17 (siebenzehn) Eier bei der städtischen Sammelstelle, der Lagereiverwaltung, abgeliefert worden. Die übrigen Eier gehen unterhändig ab.'


Chronikeintrag vom 9. Februar 1918

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vergrößernWarteschlange vor einem Geschäft, 1918

'Alle Geschäfte, die ihre Brotmarken so unvorsichtig aufbewahren, daß sie gestohlen werden, werden mit Mehl nicht mehr beliefert. Einem Händler, der einem Landsturmmann für 1.120 Brotmarken 4 Zentner Weizenmehl verkauft hatte, ohne sich nach der Herkunft dieser auffallenden Brotmarkenmenge zu erkundigen, wurde die Belieferung mit Mehl entzogen. Ein Sack Mehl kostet jetzt 300 Mark.'


Chronikeintrag vom 16. Februar 1918

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vergrößernBeschaffung von Kaninchenfutter , 1918

'Einbrüche in Ställe sind beliebter als in Wohnungen.
In der Nacht wurde ein Bewohner des Bohlweges von Dieben, die seinen Kaninchenstall heimsuchten, angeschossen.'


Chronikeintrag vom 2. März 1918

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vergrößernWarteschlange vor einer Apotheke, 1918

'Die erhebliche Steigerung der Erkrankungen und der Sterblichkeit (50 Prozent gegen 1913) an Tuberkulose hat das Kriegsernährungsamt zu weitgehenden Krankenzulagen bewogen.'


Chronikeintrag vom 26. März 1918

'Zur besseren Regelung der Sammlung von Abfallstoffen hat die Stadtverwaltung in Gemeinschaft mit dem Vaterländischen Frauenverein, dem Ortsverein vom Roten Kreuz und den Schulleitern eine Zentrale für Sammlung von Abfallstoffen in der Turnhalle im Breul eingerichtet. Für die Knochensammlung zur Gewinnung von Fett und Öl sind die Schüler und Schülerinnen tätig.'


Chronikeintrag vom 29. März 1918

'In den meisten Wirtschaften kann man gegen höhere Preise markenfreies Fleisch bekommen. Leute, denen zum Einkauf des rationierten Fleisches das Geld fehlt, verkaufen ihre Fleischmarken an Hotelkellner, die mit dem Weiterverkauf an Gäste ohne Marken Geschäfte machen.'


Chronikeintrag vom 20. April 1918

'Als im Stadtbezirk auffallend viele melke Kühe 'Fehlgeburten' bekamen und der Nachwuchs von Kälbern plötzlich fast ganz ausblieb, veranlaßte das Lebensmittelbüro Nachforschungen nach dem Verbleibe der Kadaver. Nur ein Kuhhalter konnte angeben, wo er das Fehlstück vergraben hatte. Der Kontrolleur aber konnte nicht mehr feststellen, ob es überhaupt Kalbsknochen waren; es mochte mindestens so gut ein Hund gewesen sein.'


Chronikeintrag vom 20. April 1918

'Mit der Veröffentlichung von Namen verurteilter Schleichhändler u. ä. sind ungünstige Erfahrungen gemacht. Diese Bekanntgabe ist nur zu einer Reklame für sie geworden.'


Chronikeintrag vom 2. Mai 1918

'Der Hausfrauenverein veranstaltete eine kleine Ausstellung von Gerichten aus saurer Magermilch.'


Chronikeintrag vom 6. Mai 1918

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vergrößernPlakat 'Sammelt Obstkerne!', 1918

'In Gemeinschaft mit der Stadt Münster gibt die Prüfungsstelle der Provinz Westfalen ein Merkblatt 'Sammelt Pilze!' heraus.'


Chronikeintrag vom 10. Mai 1918

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vergrößernWarteschlange am Pferdemetzger-Geschäft, 1918

'Eine Arbeiterfrau brachte dem Stadtsyndikus Darius in zufälliger Gegenwart des Kriegschronisten ein Stück rationierter Rotwurst, in deren Fleisch ein Haferballen wie ein Roßapfel eingebettet lag, zweifelsfrei bei der Herstellung in der Wurstfabrik dorthin geraten. Da diese Wurst von auswärts uns zugeteilt war, konnte der Lebensmitteldezernent die Beschwerdeführerin an die obere Behörde verweisen. Sachverständige erklärten den Vorgang also: Bei der Herstellung der Wurst wurde Pferdeblut verwandt. Plötzlich betäubte Schlachttiere können gleichzeitig mit dem Halsschnitt und dem Blutstrom einen Teil des Mageninhaltes in die Blutpfanne entleeren. Das sei infolge der Eile der Herstellung in diesem Falle nicht gemerkt worden.'


Chronikeintrag vom 22. Juni 1918

'Zur Hebung der Wohnungsnot hat das Stellvertretende Generalkommando eine Einschränkung des freien Kündigungsrechtes verordnet. Den Vermietern ist u. a. das Kündigen oder anderweitige Vermieten von Wohnräumen verboten.'


Chronikeintrag vom 13. Juli 1918

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vergrößernLeerer Verkaufsstand, 1918

'Die Knappheit an Gemüse ist so stark, daß vor einem um ¼ nach 7 Uhr geöffneten Gemüsegeschäft die Frauen schon um 4 Uhr nachts sich anstellten, einige sich auf Klappstühlchen ansetzten. Auf dem Markt und an den sonstigen Gemüseständen treten die Frauen fast militärisch an, hintereinander am Bordstein entlang oder im Kreise und warten stundenlang auf den Gemüsewagen.'


Chronikeintrag vom 13. Juli 1918

'Aus Rheine, Burgsteinfurt, Warendorf kommen Leute mit Reisebrotmarken hierher, um Brot einzukaufen, das dort nicht mehr zu haben ist. Nur durch rechtzeitiges Ansammeln einer Mehlreserve sind wir von dem Geschick so vieler Gemeinden verschont geblieben, tagelang ohne Brot zu sein, weil die Zufuhr von Mehl stockte.'


'Sammlungen im Interesse des Durchhaltens'

Chronikeintrag vom 13. Juli 1918

'Zu den zahlreichen Sammlungen im Interesse des Durchhaltens gesellte sich in diesem Sommer eine groß angelegte und erfolgreiche Sammlung von Laubheu, das als Haferersatz verwendet wird. Auch diese Arbeit oblag den Schulen.'


Chronikeintrag vom 22. Juli 1918

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vergrößernAuszug von Jungmannen, 1918

'Zu Erntearbeiten und zum Sammeln von Laubheu und Brennnesseln rückte das Jungmannen-Etappen-Kommando-Bataillon I von hier nach Frankreich. Bis auf einige Teilnehmer von Burgsteinfurt und Telgte war das unter der Führung des Gymnasialdirektors Dr. Adolf Hoerle, Majors der Reserve, stehende Bataillon ausschließlich aus hiesigen höheren Schülern gebildet. Vom Neuplatz aus, wo Parade und Abschied stattfanden, ging der Zug, dem eine vom Kriegswirtschaftsamt gestiftete Bataillonsfahne mit dem westfälischen Pferd vorangetragen wurde, unter Musik und Liedern zum Bahnhof. Die Erntehelfer fuhren zunächst nach Charleville.'


Chronikeintrag vom 27. Juli 1918

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vergrößernKinder mit 'Hamstergut', 1918

'Da an mehreren Orten wegen der Lebensmittelnot die Arbeit niedergelegt worden ist, forderte das Stellvertretende Generalkommando zur Abwendung der Streikgefahr die Polizeiorgane auf, die private Hamsterei milder zu behandeln. Daraufhin setzte eine gewaltige Steigerung des Hamsterverkehrs ein.'


Chronikeintrag vom 27. Juli 1918

'Von unseren Brotmarken sind zahlreiche neue Fälschungen im Umlauf. Der Brotmarkenhandel blüht wieder lebhafter. Eine 5-Pfund-Marke kostet bereits 4,- Mark! Die Bettelei um Lebensmittel und um Brotmarken ist auch in der Stadt wieder so stark wie vor einem Jahre. Neuerdings ist die Organisation der gewerbsmäßigen Hamsterer und Bettler straffer. Kleine Jungens sind schon so gut abgerichtet, daß sie beim Betteln an den Türen 'ohnmächtig' zusammensinken können.'


Chronikeintrag vom 14. September 1918

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vergrößernPlakat zur Ersatzstoff-Ausstellung, 1918

'Der Mangel an Lederschuhen ist so stark, daß auf das Gerücht hin, das Geschäft Enk am Prinzipalmarkt habe neue Schuhe zugewiesen erhalten, sich etwa 300 Personen dort zusammendrängten. Trotz energischen Eingreifens von drei Polizeibeamten war der Ansturm so heftig, daß eine große Schaufensterscheibe eingedrückt wurde.'


Chronikeintrag vom 18. September 1918

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vergrößernFrauenarbeit, 1918

'Einberufen durch die Kriegsamtsstellen Frankfurt a. M., Koblenz und Münster sowie den Nationalen Ausschuß für Frauenarbeit im Kriege fand hier eine bedeutsame Tagung über Frauenarbeit im Kriege statt im Beisein zahlreicher Vertreter der Regierung, Ministerien, Kommunal- und Militärbehörden, industrieller Werke und Vereine, sowie der Geistlichkeit. Im Mittelpunkte der Verhandlungen standen die brennenden Fragen der Gewinnung weiblicher Arbeitskräfte für Munitionsarbeit und Etappe.'


'Anarchismus im Handel und Wandel'

Chronikeintrag vom 1. Oktober 1918

'Fast im ganzen öffentlichen und bürgerlichen Leben herrscht ein Anarchismus im Handel und Wandel. 1 Pfund Falläpfel kostet schon beim Bauern 1,50 Mark, 1 Liter Backöl 52, 1 Pfund Speck 40, Butter 26 Mark. Für 1 Rolle Zwirn wird auf dem Lande 1 Pfund Speck getauscht. Schieberei, Schleichhandel, Kettenhandel, Wucher allüberall!'


Chronikeintrag vom 18. Oktober 1918

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vergrößernPlakat: Annahmestelle für Eicheln und Kastanien, 1918

'Unter der Überschrift 'Der deutsche Wald und die Fettnot' wirbt ein Zeitungsaufsatz, den im Auftrage des Kaisers die Regierungen verbreiten, für das Einsammeln von Bucheckern. In einer Sitzung des Schulamts mit den Leitern sämtlicher Schulen wurde betont, dass der Bestand an Buchenwäldern im Stadt- und Landkreise Münster sehr gering sei.'


Chronikeintrag vom 25. Oktober 1918

'Um dem tollen Hamstern Einhalt zu tun, sind auf dem Hauptbahnhof, in Mecklenbeck und Mauritz 6 Hilfsgendarmen angestellt, alle größeren Kartoffel- und Kornsäcke zu beschlagnahmen. Von dem [...] Landesbahnhof, [...], hat sich ein regelrechter Transportverkehr entwickelt: Dienstmänner und Schulkinder schaffen auf Bollerwagen und Karren gegen gutes Geld das Hamstergepäck von der Landeseisenbahn zum Hauptbahnhof.'


Chronikeintrag vom 27. Oktober 1918

'Unter dem Einfluß der steigenden Aussichten auf Frieden beginnen Lebensmittelpreise zu fallen.'



 

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