Kriegschronik Münster im Ersten Weltkrieg

Startseite Chronik des Ersten Weltkriegs

nach oben

Seiteninhalt

1914 - Versorgung

Mangel

Foto

vergrößernLebensmittelmengen in Kriegs- und Friedenszeit

Bei Kriegsbeginn scheint die Vorsorge zur Sicherung der Ernährung der Bevölkerung überflüssig, da von einem schnellen Kriegsende ausgegangen wird. Zwar kommen Panikkäufe vor, Siegesmeldungen heben jedoch die Stimmung und fördern die Sorglosigkeit. Großzügig werden an die Frontsoldaten zahllose 'Liebesgaben' mit Esswaren verschickt. Nach einer Getreidebestandsaufnahme wird deutlich, dass bald ein Getreidemangel eintreten könnte. Es ergehen erste Sparsamkeitsappelle und Ernährungsmaßregeln.

Die Gefahr einer Versorgungskrise kann nicht abgewendet werden. Starke Preissteigerungen und Lebensmittelverknappung besonders bei Brot, Mehl, Kartoffeln und Milch drücken auf die Stimmung. Ende 1914 gibt der Kommandierende General Freiherr von Gayl die Parole aus: 'Mehr Zuversicht'. Bei Lebensmitteln und Rohstoffen besteht eine hohe Importabhängigkeit. Die alliierte Seeblockade bewirkt ein Abschneiden von weiterem Bezug. Der Wegfall macht sich schnell bemerkbar. Die Sicherung der Ernährung von Heer und Zivilbevölkerung, die Rohstoffversorgung, die Arbeitskräftebeschaffung, die Steigerung der Kriegsproduktion und der Lebensmittelversorgung werden zu während der gesamten Kriegszeit bestehenden Grundproblemen im wirtschaftlichen Bereich.


Mangel an Arbeitskräften

Der Kriegsausbruch hat schwerwiegende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Die Einberufungen führen dazu, dass Arbeitskräfte fehlen und die Produktion unmöglich wird.

Chronikeintrag vom 6. August 1914

'Für die in der Landwirtschaft, im Handel und Gewerbe und im Bürodienst fehlenden Arbeitskräfte Ersatz zu schaffen, erließen die Landwirtschaftskammer, der Verband westfälischer Arbeitsnachweise, der Westfälische Bauernverein und die höheren Schulen und Jugendverbände einen Aufruf, dem auch Richtlinien für diese freiwillige Hülfe angefügt sind.'


Da die Unterstützung für Soldatenehefrauen gering ausfällt, sehen sich viele Frauen genötigt zu arbeiten. Die oft in Heimarbeit tätigen Frauen bekommen nur niedrige Löhne. Frauen aus begüterten Kreisen übernehmen ehrenamtliche Tätigkeiten, um ihren Kriegsbeitrag zu leisten.

Chronikeintrag vom 16. September 1914

Foto

vergrößernNähstube

'Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit haben die vereinigten Frauenvereine in der früheren Hüfferstiftung, Bergstraße Nr. 5, Nähstuben eingerichtet, in denen erwerbslose Frauen und Mädchen gegen mäßiges Entgelt nähen und flicken.'


Mangel an Lebensmitteln

Die Verknappung landwirtschaftlicher Erzeugnisse treibt die Preise in die Höhe. Die Stadtverwaltung setzt am 5. August Höchstpreise für Weizen- und Roggenmehl, Salz, Reis, Zucker und Fleischwaren fest. Die Aufhebung durch die Ortspolizei erfolgt am 23. September 1914. Wucherpreise sorgen für Spannungen zwischen Stadt- und Landbevölkerung.

Chronikeintrag vom 23. September 1914

'Infolge des verbesserten Güterverkehrs und der dadurch bedingten Vermehrung des Angebots sind die Preise der Lebensmittel durchweg im Rückgange begriffen. Die Ortspolizeibehörde hat daher die am 5. August festgesetzten Höchstpreise wieder aufgehoben.'


Neue Aufgaben der Stadtverwaltung

Der Aufbau der Kriegsernährungswirtschaft beruht im Wesentlichen auf den Organen der kommunalen Selbstverwaltung. Zur Durchführung kriegsbedingter Maßnahmen wird ein städtischer Kriegsausschuss eingerichtet. Die Stadtverwaltung steht vor neuartigen und gewaltig gesteigerten Aufgaben wie in der kommunalen Kriegsfürsorge, der Unterstützung der lokalen Wirtschaft und der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln. Im Oktober 1914 erwirbt die Stadt holländische Kartoffeln und verkauft sie im Stadthafen.

Chronikeintrag vom 9. November 1914

Foto

vergrößernKartoffelverkauf im Hafen

'Durch persönliche Bemühungen des Bürgermeisters Dieckmann [...] ist es nunmehr gelungen, von der im Oktober gekauften Menge 3 Kähne mit 5.000 Zentnern holländischer Kartoffeln trotz des Ausfuhrverbotes zu erlangen. Unter starkem Gedränge begann heute morgen der Verkauf zu 2,50 Mark für den Zentner im Stadthafen. An Selbstverbraucher werden nur bis zu 5 Zentnern abgegeben.'


Brot statt Schnaps...

Chronikeintrag vom 9. November 1914

'Auf Anregung des Kommandierenden Generals und in Übereinstimmung mit einer Versammlung von Vertretern verschiedener Behörden teilte der Oberpräsident von Westfalen dem Verbande von Kornbrennereibesitzern für Rheinland und Westfalen mit, daß bis auf weiteres nur 1/3 der bisherigen Menge Getreide gebrannt werden darf. Die Volksernährung mit Brot muß sichergestellt werden.'


Die schlechte Versorgungslage begleitet eine regelrechte Ernährungspropaganda mit der Verteilung von Flugschriften über Volksernährung, Vorträgen über sparsame Haushaltsführung und Kriegskochkursen, die durch Frauenvereine veranstaltet werden.

Chronikeintrag vom 16. November 1914

Foto

vergrößernDurchhalteplakat mit Appell an Hausfrauen, 1914

'Im Hinblick auf die oft beklagte Tatsache, daß so viele Frauen nicht richtig zu wirtschaften wissen, hat der Zweigverein des Katholischen Frauenbundes neben dem seit Jahren bestehenden Kursus für die feinere Küche einen zweiten für die gewöhnliche Küche (Hausmannskost) begonnen.'


Chronikeintrag vom 4. Dezember 1914

Foto

vergrößernStädtische Gemüseverkaufsstelle

'Nachdem schon in der vorigen Woche die Stadtverwaltung im Hafen 200 Zentner Rotkohl zum Preise von 3 Mark für den Zentner pfundweise an Selbstverbraucher abgegeben hatte, begann heute der Verkauf von 2 Waggon Weißkohl zum Preise von 2,70 Mark für den Zentner in kleineren und mittleren Mengen.'


Chronikeintrag vom 18. Dezember 1914

Foto

vergrößernAufforderung zur Verwertung von Küchenabfällen, 1914

'Damit nichts achtlos beiseite geworfen werde, was noch wirtschaftlich verwertet und der allgemeinen Volksernährung zugeführt werden könne, erließ der Oberbürgermeister an die Bürgerschaft den Aufruf, die Küchenabfälle aufzubewahren und, von schädlichen Bestandteilen gesondert, den Landwirten für die Viehfütterung abzugeben.'



 

Adresse, Anfahrt, Öffnungszeiten


Das Logo des Stadtarchivs

Stadtarchiv Münster
An den Speichern 8
48157 Münster

Tel. 02 51/4 92-47 01
Fax 02 51/4 92-77 27